
Ich habe früh gelernt, dass gute Gestaltung nicht im Objekt selbst liegt, sondern in der Beziehung zum Nutzer. Vielleicht liegt es daran, dass mein Weg ins Design nicht geradlinig verlief: Schon während der Schulzeit begann ich, Websites zu gestalten, später folgten zwei Semester Wirtschaftsinformatik – doch es war eine Anzeige mit der Zeile „The Power of Beauty“, die mich schließlich zu Meiré und Meiré führte, einer damals stilprägenden Agentur für Branding und Kommunikation. Es wurde klar: Gestaltung ist viel mehr als eine aufgehübschte Oberfläche – sie ist eine Haltung, sie verbessert die Substanz eines Produktes.
„Design is not just what it looks like and feels like. Design is how it works.“
Jony Ive
Das Internet in den 90ern habe ich als Verheißung erlebt – als einen Ort radikaler Offenheit, an dem plötzlich alles möglich schien: Wissen, das allen zugänglich war. Austausch ohne Grenzen. Ideen, die sich frei entfalten durften. Ich glaubte daran, dass Technologie uns als Spezies voranbringen kann – nicht durch Tempo, sondern durch Verbindung. Technologie als eine Einladung, alles zu werden, was man sein wollte – jenseits von Herkunft, Abschlüssen oder Konventionen. Diese Vorstellung prägt mein Denken bis heute.
Nach vielen Jahren der Selbständigkeit arbeite ich heute bei der Fohhn Audio AG als Verantwortlicher für die digitale Prozesstransformation. Mein Schwerpunkt liegt auf der Kommunikation der Abteilungen untereinander und mit der Außenwelt. Ich verstehe mich dabei nicht als reiner Techniker, sondern als Gestalter von Arbeitsrealitäten.
Digitalisierung bedeutet für mich deshalb auch nicht, bestehende Prozesse eins zu eins in digitale Tools zu gießen. Vielmehr geht es darum, genau hinzuschauen, wie Menschen tatsächlich arbeiten – welche Friktionen, welche Automatismen, welche blinden Flecken sich eingeschlichen haben. Erst dann beginnt die eigentliche Arbeit: Prozesse neu denken, strukturieren, digitalisieren. In dieser Reihenfolge.
Mein beruflicher Hintergrund als Designer prägt diese Arbeitshaltung. Ich stelle mir bei jeder Lösung dieselbe Frage: Ist sie benutzbar? Nicht: Funktioniert sie technisch – sondern: Versteht der Mensch sie, ohne eine Bedienungsanleitung zu brauchen? Es gibt einen Grund, warum eine Kaffeetasse einen Henkel hat. Das ist kein Gimmick, sondern ein Interface. Wer dieses Prinzip verstanden hat, denkt anders über Software, Datenbanken und Formulare. Und genau hier sehe ich meinen Hebel: Ich baue Brücken – zwischen den Systemen, aber vor allem zwischen den Menschen und der Technik, die sie umgibt.
Ich spreche fließend „IT“, aber ich denke in der Sprache der Anwender. Ich sehe, wo Reibung entsteht und versuche, aus Reibung Richtung zu machen. Die Tools, die ich einführe, sorgen für klarere Abläufe, für weniger doppelte Arbeit und für nachvollziehbare Ergebnisse. Das verändert viel: Effizienz steigt, Qualität wird verlässlich, und nicht zuletzt sinkt der Frustlevel.
„Don’t make me think“ – dieser Satz aus Steve Krugs Buch ist mehr als ein Usability-Mantra. Es ist ein Kompass. Und ich arbeite danach.
Ich glaube an technologische Souveränität – aber ich glaube noch mehr an gestalterische Verantwortung. Digitalisierung ist nicht per se ein Fortschritt. Sie wird es erst dann, wenn sie die Lebens- und Arbeitsqualität verbessert. Alles andere ist bloße Automatisierung.
Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der gutes Denken gebraucht wird. Und weil ich mich freue, wenn sich daraus Gespräche ergeben – oder vielleicht auch nur ein guter Gedanke, der bleibt.